
Wieder einmal heißt es im Willy-Brandt-Haus: Wunden lecken. Wieder einmal fährt die SPD ein historisch schlechtes Ergebnis ein. Und wieder einmal muss die Partei sich fragen: Wie kommen wir da wieder raus?
Ein Kommentar von PZ-Redakteurin Lisa Scharf
Das „sozialdemokratische Jahrzehnt“, das sich die Genossinnen und Genossen nach dem Wahlsieg 2021 herbeigesehnt hatten, blieb nichts als ein Traum, Olaf Scholz’ Triumph letztlich vor allem ein Produkt der Schwäche der Konkurrenz. Die Sozialdemokraten stehen jetzt vor einer schwierigen Aufgabe: Sie müssen sich erneuern – und mitregieren.


Desaströses Ergebnis für SPD-Vorsitzende: Esken zieht im Kreis Calw nicht mehr
Dass eine Erneuerung zwingend ist, daran hat nach dem Wahlabend niemand einen Zweifel gelassen. Traditionell gelingt das am besten in der Opposition, dort kann man sein Profil schärfen, laut sein, versprechen, was man besser machen würde, ohne das auch einlösen zu müssen. Doch zugleich ist die SPD gezwungen, staatspolitische Verantwortung zu übernehmen, mit der CDU über eine Koalition zu verhandeln und so ein Chaos mit zu verhindern, an dessen Ende Neuwahlen und eine zusätzlich gestärkte AfD stehen könnten. Ein schwieriger Spagat – und doch ist entscheidend, dass er der SPD gelingt. Für die Demokratie auf der einen und die Zukunft der einst stolzen Partei auf der anderen Seite.


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Dazu gehört auch das Eingeständnis von Fehlern. Es ist geradezu befremdlich, wie sehr die Parteioberen die Verantwortung von sich schieben. Kanzler Olaf Scholz zieht sich zwar zurück, hält seine Kandidatur aber immer noch für richtig. Co-Parteichef Lars Klingbeil bringt sich als neuer starker Mann in Stellung. Und Co-Parteichefin Saskia Esken will weitermachen, weil sie den Job an der Parteispitze „gerne“ mache – ob sie ihn auch gut macht, steht angesichts der miserablen Ergebnisse im Wahlkreis wie im Bund auf einem anderen Blatt.


Der Kanzler muss die Mitte einen: Gewinner sind die AfD und Linken
Juso-Chef Philipp Türmer legte nach der Wahl den Finger in die Wunde: Die Menschen, sagte er, vertrauten der SPD nicht mehr. Eine Einschätzung, die man teilen kann, blickt man etwa auf die traditionellen Arbeiterwahlkreise, in denen die AfD der SPD den Rang abgelaufen hat. Dieses Vertrauen zurückzugewinnen, ist der Auftrag für die kommenden vier Jahre. Von der Regierungsbank aus ist das zuletzt nicht geglückt, im Gegenteil. Doch zwei Dinge sind dieses Mal anders. Zum einen machen zwei Partner das Regieren einfacher als drei. Und zum anderen ist auch die Union auf die SPD angewiesen. Das gibt dem kleinen Koalitionspartner Verhandlungsstärke. Eigene Kernthemen durchsetzen und zugleich Verantwortung für das Land übernehmen – das kann und muss für die SPD dieses Mal zum Erfolgsrezept werden.


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Klingbeil verdoppelt seine Macht in der SPD

