Wäre es in der angespannten Lage richtig, Patienten stärker zur Kasse zu bitten? Zwei PZ-Redakteure sind unterschiedlicher Meinung.
Foto: Andrey Popov/stock.adobe.com
Politik
Patienten stärker zur Kasse bitten? Das sagen zwei PZ-Redakteure

Auch das kriselnde Gesundheitssystem wird in den Koalitionsverhandlungen diskutiert. Wäre es in der angespannten Lage richtig, Patienten stärker zur Kasse zu bitten? Zwei PZ-Redakteure sind unterschiedlicher Meinung.

Pro: PZ-Redakteur Andreas Wagner

„Der Gedanke einer höheren Selbstbeteiligung ist richtig.“

Seit Jahresbeginn zahlen die Bürger spürbar mehr für die Krankenversicherung. Schon heißt es, dass das nicht ausreichen und bald noch teurer würde. Dies verwundert nicht. Kaum anderswo gehen die Menschen häufiger zum Arzt, die Deutschen sind zudem bekannt für Ärzte-Hopping mit oft unnötigen Mehrfachuntersuchungen. In einem Vollkasko-System erlaubt die freie Arztwahl, fast nach Belieben Fachärzte aufzusuchen. Die Idee einer Steuerung ist nicht neu, ein Mittel war die Praxisgebühr, eingeführt 2004, 2012 wieder abgeschafft. Sie erfüllte ihren Zweck nicht, war zu bürokratisch. Der Gedanke einer höheren Selbstbeteiligung aber ist richtig. Länder wie Schweden könnten als Beispiel dienen. Dort zahlen die Bürger seit Jahrzehnten Gebühren für Konsultationen, pro Arztbesuch und bei einem jährlich gedeckelten Betrag. Ausnahmen gibt es, auf sozial Schwache und chronisch Kranke wird Rücksicht genommen. Das Modell funktioniert und sorgt auch dafür, dass Ärzte mehr Zeit haben für Patienten. Davon profitiert die gesamte Solidargemeinschaft.

Umfrage der Woche: Patienten stärker zur Kasse bitten?
Ja
10%
Nein
90%
Teilnehmer: 3891

Kontra: PZ-Redakteurin Catherina Arndt

„Die finanzielle Belastung weiter zu erhöhen, ist das falsche Signal.“

Alles wird teurer – das spüren die Deutschen bereits seit Monaten. Das betrifft den Einkauf im Supermarkt sowie das Tanken und auch die Miete. Um die Wohnkosten bereinigt, gilt sogar mehr als ein Fünftel der Bevölkerung als arm, wie eine Studie des Paritätischen Gesamtverbands Ende 2024 errechnet hat. Nun sind auch noch die Krankenkassenbeiträge rasant angestiegen. Die finanzielle Belastung ist bereits enorm – sie in einem so sensiblen Bereich wie der Gesundheit zu erhöhen, sendet in diesen Zeiten ein völlig falsches Signal. Sei es durch Gebühren für Haus- oder Fachärzte oder eine höhere Selbstbeteiligung an Behandlungen. Wie gut so ein Selbstzahlersystem funktioniert, lässt sich schließlich auch in den USA beobachten, wo Menschen notwendige Behandlungen nicht in Anspruch nehmen oder sich schwer verschulden. Ja: Es gibt hierzulande zu wenige Ärzte und zu viele Patienten. Aber die Politik ist am Zug. Es müssen mehr Medizin-Studienplätze und bessere Konditionen für Ärzte geschaffen werden – die Kranken sollten da nicht in die Pflicht genommen werden.

VG WORT Zählmarke