


- pm/tok
Pforzheim. Seit Rechtsextreme am 23. Februar, dem Jahrestag der Bombardierung von Pforzheim im Jahr 1945, auf dem Wallberg ihre Fackeln entzünden, erlebt die Goldstadt, die offiziell dieses Event lieber nicht mehr beherbergen würde, jedes Jahr einen Ausnahmezustand mit Polizeigroßeinsatz. Nicht immer verlaufen alle Gegendemonstrationen ohne Probleme. Und daran denken wohl auch die drei Gemeinderatsfraktionen von SPD, Grüner Liste und Wir in Pforzheim/Die Linke, die jetzt per Eilantrag die Demo der Neonazi-Kleinstpartei "Die Rechte" aufhalten möchten.
Daher haben die Fraktionen einen Eilantrag gestellt. Der am 7. Mai tagende Gemeinderat möge doch beschließen, dass die Stadt Pforzheim umgehend eine richterliche Verfügung erwirke, um die angemeldete Demonstration von der Partei „Die Rechte“ am 11. Mai aus Sicherheitsgründen zu untersagen.
Keine Sicherheit für Teilnehmer eines Kinderfestes?
„Die Demonstration findet parallel zu einem vorher angemeldeten Kinderfest in der Innenstadt statt. Die Sicherheit der Kinder ist nicht gewährleistet, da Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Gegendemonstranten zu erwarten sind. Dafür spricht auch, dass Ladenbesitzer aufgefordert wurden, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und auch die Tourist-Information an diesem Tag geschlossen bleibt“, begründen SPD und Grüne Liste ihren Eilantrag. Gleiches liest man auch bei WiP/Die Linke, in deren Eilantrag noch darauf verwiesen wird, dass auch das Kommunale Kino an dem Tag geschlossen bleibt sowie „das Areal um das Café Roland und Emma“ für den Durchgang gesperrt werde, wobei das Café Roland ebenfalls für diesen Tag schließen müsse.
OB Boch sieht wenig Chancen, Demo zu verbieten
In der Dienstag-Sitzung des gemeinderätlichen Hauptausschusses hatte SPD-Stadtrat den Eilantrag angesprochen. Oberbürgermeister Peter Boch hatte das Thema in den nicht-öffentlichen Bereich verschoben und schon einmal darauf hingewiesen, dass die "rechtliche Würdigung" der Demonstration bereits erfolgt sei und man wohl damit leben müsse.
Bislang konnten am 23. Februar die Rechtsaußen und die Gegendemonstranten auf dem Wartberg relativ leicht getrennt werden. Ob das auch in der Innenstadt so möglich sein werde, scheinen die drei Gemeinderatsfraktionen zu bezweifeln. Die Kundgebung der Neonazi-Kleinstpartei dürfte viele Stunden lang erhebliche Folgen für die Pforzheimer City haben. Während die Rechtsextremen bei der Anmeldung etwa 200 Teilnehmer angaben, kommen zwei Gegendemonstrationen auf 900 erwartete Teilnehmer.
Rechtsextreme mit verspätetem Infostand und geringem Passanteninteresse
Wenn niemand am 11. Mai demonstrierend durch Pforzheim laufen würde, bräuchte auch die Polizei nicht ein Großaufgebot bereitstellen. Einen Vorgeschmack darauf, wie so etwas aussehen könnte, gab es heute auf dem Pforzheimer Marktplatz. Dort hatte "Die Rechte" einen Infostand angekündigt. Gekommen war von den Rechtsextremen bis zum frühen Abend niemand. Einzig ein paar Polizeibeamte hatten sich vor Ort platziert, um möglicher Randale vorzubeugen.
Dann fanden sich doch noch laut Polizei sechs Teilnehmer einer Wahlkampfveranstaltung zum Thema Europawahl auf dem Marktplatz ein. Von 19.45 Uhr bis 20.10 Uhr wurde über Lautsprecher das „Badnerlied“ gespielt und über die Aufnahme von Flüchtlingen gewettert. Flyer wurden verteilt, wobei laut Polizei das Interesse der Passanten an den Flyern äußerst gering gewesen sei. Der Hand voll Rechtsextremer stand ein Vielfaches an Polizisten gegenüber, die dann auch einschritten, als ein Passant lautstark gegen die Wahlkämpfer schimpfte. Als dann am Infostand von „Die Rechte“ auch noch zwei schwarz-weiß-rote Reichsflaggen des deutschen Kaiserreichs geschwenkt wurden, schritt die Polizei ein. So spät, wie der Infostand aufgebaut wurde, so früh verschwand er auch wieder vom Marktplatz.

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