MiN Projektbeirat
Teresa Neuhaus, Alison Bussey, Susanne Knöller, Thomas Satinsky, Regina Ehrismann, Joachim Hülsmann und Sabine Schuster (von links) besprechen im Projektbeirat von „Menschen in Not“ neue Projekte.
Meyer
Pforzheim
Expertenrat für direkte Hilfe: Projektbeirat von „Menschen in Not“ trifft sich

Pforzheim. Wir sind froh, dass wir Menschen wie Sie im Gremium haben, denn Sie sind absolute Fachleute“, begrüßt Thomas Satinsky, Vorsitzender von „Menschen in Not“, die Mitglieder des Projektbeirats. Sie sind eine wichtige Stütze des PZ-Hilfsvereins, wenn es um die Entscheidungen geht, wo man in Notlagen mit Spendengeld helfen sollte. Denn egal, ob „Menschen in Not“ Geld aus einem Vermächtnis, als Großspende oder als kleine Unterstützung von Seiten der Leserinnen und Leser der PZ erhält: Die Spender verlassen sich darauf, dass gewissenhaft mit den Mitteln umgegangen wird. „Das Vertrauen der Menschen in unsere Hilfsaktion ist groß“, sagt Satinsky.

Das ist so, weil der Verein die Spenden treuhänderisch verwendet. „Jeder gespendete Euro wird weitergegeben“, so der Vorsitzende: „Wir geben Gelder so weiter, dass sie direkt bei Notleidenden aus der Region ankommen. Aber immer mit Sorgfalt und nach Beratung mit den Mitgliedern des Projektbeirats.“ Das unbürokratische Miteinander mit den Sozialexperten beschreibt auch Vorsitzende Susanne Knöller als wichtigen Faktor seit vielen Jahren: „So gelingt es, wirklich wichtige Aktionen und Projekte in Pforzheim und der Region zu fördern.“

Neu im Gremium ist Regina Ehrismann, die Geschäftsführerin von „pro familia“ Pforzheim. Sie übernimmt den Sitz von Edith Münch, die in den Ruhestand wechselt. Bei der Sitzung berichtet Knöller dem Projektbeirat unter anderem, wie die Ausgabe von Aldi-Gutscheine über je 25 Euro läuft. Nicht nur „Menschen in Not“ gibt solche Gutscheine aus. Diakonie, Caritas, „pro familia“, Krebsberatungsstelle, Wichernhaus, Plan B, Kinderschutzbund und Rotes Kreuz gaben im Jahr 2024 ebenfalls Aldi-Gutscheine im Gesamtwert von 64 700 Euro an Bedürftige aus. Dafür, dass kein Missbrauch damit getrieben wird, sorgen ein digitales Kontrollsystem und aufmerksame Aldi-Mitarbeiter. Auch das ist wichtig für das Vertrauen der Spender.

Dieses Vertrauen in den PZ-Hilfsverein sorgt dafür, dass immer wieder ansehnliche Spendenbeträge eingehen. Zum Beispiel beim Jubiläumswochenende der Pforzheimer Erfolgsband „Fools Garden“ im Sommer 2024, das 45 000 Euro einspielte. Mit dem Geld soll ein Trinkbrunnen samt Sitzgelegenheiten und Sonnenschutz entstehen. Derzeit wird nach einem Standort gesucht. Im selben Sommer gingen von dem Abschiedsspiel der Pforzheimer Handball-Legende Florian Taafel 7200 Euro an „Menschen in Not“. Die 3. Pforzheimer „Nacht der Magie“ von Dr. Ullrich Speer zauberte 17 000 Euro in die Kassen des Hilfsvereins. 6000 Euro spendeten Tenor Enzo D’Eugenio und sein Team nach dem Konzert „Klänge für ein besseres Leben“.

Geld wird das ganze Jahr über benötigt. Denn die Zahl der Menschen in Notlagen ist groß. „Derzeit gibt es so viele Stromsperren wie noch nie“, sagt Teresa Neuhaus als Beispiel. Auch bei „Menschen in Not“ werden die Anfragen zur Unterstützung bei Energieschulden häufiger. „Mehrere Tausend Euro sind keine Seltenheit“, sagt Satinsky. Neuhaus berichtet, dass viele Menschen über Monate hinweg keine Abschläge bezahlen würden. Dann komme eine dicke Nachzahlung, die in einer Sperre münde. „Ich setze mich ein, wenn viele Kinder im Haushalt sind. Einzelpersonen stelle ich zurück.“ Viele Hilfen seien nicht nachhaltig, warnt Neuhaus: Wer praktisch noch nie Abschläge gezahlt habe, werde das kaum ändern. Joachim Hülsmann, Leiter des Pforzheimer Amts für Jugend und Soziales, sieht, dass Stromschulden oft ein Schritt Richtung Obdachlosigkeit sein könnten. Und bei der Schuldnerberatung würden die Entschuldungsfälle immer mehr.

Sabine Schuster, Leiterin des Sozial- und Versorgungsamts beim Enzkreis, betont aber: „Ein Anteil für Strom ist in den normalen Sozialleistungen wie Bürgergeld und Grundsicherung enthalten. Davon sollte der Abschlag gezahlt werden.“ Eigentlich sei alles abgedeckt. Wer im Verzug ist und Hilfe bei karitativen Organisationen beantrage, könne deshalb zu einer Vereinbarung verpflichtet werden, dass die Stromrechnung direkt mit der Leistung des Jobcenters bezahlt wird. Ohne Einfluss einer Beratungsstelle könne ein Klient eine solche Vereinbarung freilich kündigen. Würde er das aber tun, sagt Neuhaus aus Erfahrung, „dann gehen die Probleme wieder von vorne los.“ Für alle Projektbeiratsmitglieder ist klar: „Dann ist Schluss und es gibt keine Hilfe mehr.“

Auch problematisch sind Wünsche nach Autofinanzierungen. Bei der Caritas gehen laut Neuhaus immer mehr Anträge von Familien mit vielen oder mit behinderten Kindern zur Anschaffung oder Reparatur von Fahrzeugen ein. Die Caritas sei dabei oft zugeknöpft. Wer zum Arzt oder ins Krankenhaus müsse, für den gebe es Transportscheine. Diese würden vom Arzt ausgestellt. „Auch ,Menschen in Not‘ unterstützt keine Autos für Privatpersonen mehr“, pflichten die Vorsitzenden des Hilfsvereins bei. Das sorge dann schon mal oft für bittere Beschimpfungen. „Der Ton wird rauer und Menschen erwarten immer mehr Hilfe“, sagt Knöller. Deshalb sind sich die Projektbeiratsmitglieder einig: „Eine konsequente Haltung ist wichtig.“

Im aktuellen Jahr sollen dagegen weiterhin Kinder genauso wie Senioren unterstützt werden. „Es gibt so viele arme Senioren“, weißt as Gremium. Essensangebote für diese Zielgruppe könnten aufgebaut werden. Die Themen gehen also nicht aus.

Abschied für Edith Münch aus dem Projektbeirat und von pro familia

Seit es den Projektbeirat von „Menschen in Not“ gibt, seit dem Jahr 2014, engagiert sich Edith Münch im Gremium. Jetzt verabschiedet sie sich – als Geschäftsführerin von pro familia und auch aus dem Projektbeirat. Mit einem Lächeln auf den Lippen. „Ich verabschiede mich aus dem Gremium mit großer Anerkennung der Kompetenz und gemeinsamer Zielstrebigkeit, die ich in der Zusammensetzung erleben konnte. Ich habe sehr gerne diesem Gremium angehört, weil ich die gemeinsame Anstrengung sehr schätze, einen wertvollen Beitrag für einen sozialen Ausgleich und für grundlegende Verbesserungen mit dem Ziel des Zusammenhaltes in Pforzheim und Enzkreis mit zu unterstützen.

"Auch die Diskussionen dazu habe ich sehr geschätzt“, sagt Münch.

Thomas Satinsky und Susanne Knöller, die Vorsitzenden von „Menschen in Not“ , verabschiedeten Edith Münch mit einem besonderen Dank für ein Engagement, das in Zeiten von immer mehr Gleichgültigkeit in der Gesellschaft, nicht selbstverständlich sei.

Bei pro familia hat Regina Ehrismann inzwischen die Geschäftsführung übernommen. Edith Münch wird am Freitag, 16. Mai, 11 Uhr, in den Räumen an der Parkstraße 19-21, verabschiedet. Dann findet gleichzeitig ein „Tag der offenen Tür“ bei pro familia statt. Dort gibt es nach dem offiziellen Teil Theaterworkshops für Kinder, Schnupperkurs „Boxen gegen Gewalt“, Spiel und Spaß für Kinder und bei einem Rundgang Informationen zur Beratungsstelle und den Angeboten bei pro familia.

Die Mitarbeiter des Projektbeirats

  • Alison Bussey, Geschäftsführerin der Stadtjugendring Betriebs gGmbH.
  • Regina Ehrismann, Geschäftsführerin pro familia Pforzheim.
  • Joachim Hülsmann, Leiter Amt für Jugend und Soziales, Stadt Pforzheim.
  • Thomas Lutz, Geschäftsführer Diakonie Pforzheim.
  • Teresa Neuhaus, Fachbereichsleiterin Soziale Dienste, Caritasverband Pforzheim.
  • Sabine Schuster, Amtsleiterin Sozial- und Versorgungsamt. Landratsamt Enzkreis.