
Pforzheim. Gleicher Ort, gleicher Termin, Dezember 2022: gähnende Leere im Warenlager der Tafel Pforzheim im alten Postareal an der Zeppelinstraße. Ebenso im Lager in der Zweigstelle an der Kelterstraße in Brötzingen. Seit der erfolgreichen Weihnachtsaktion von „Menschen in Not“ ist das anders. Denn seitdem erhält die Tafel Waren im Wert von 5000 Euro pro Monat vom Hilfsverein.
Nun gibt es in der Tafel auch haltbare Lebensmittel für die Kunden. Zucker, Mehl, Öl, Eintöpfe, Müsli und Nudeln stehen seitdem in den Regalen. „Es ist toll, wenn nicht nur Obst und Gemüse weitergegeben wird“, sagt Monika Lörcher von der Tafel. „Das gab es bislang nicht bei uns.“ Lebensmittel mit langer Haltbarkeit hätten bislang nur den Weg in die Tafel gefunden, wenn sie beschädigt waren. Durch die Unterstützung von „Menschen in Not“ seit Januar 2023 ergibt sich ein anderes Bild. Die Regale sind gut bestückt.

Joghurt und andere Milchprodukte kämen vom Kaufland. „Aber nicht mehr in den Mengen wie früher“, erklärt Thomas Murphy. „Wir haben den Eindruck, dass die Supermärkte besser disponieren. Es bleibt weniger im Laden und auch im Lager liegen“, beobachtet Sonja Winter, Geschäftsführerin der GBE. Künstliche Intelligenz sei eine große Unterstützung. „Die Märkte müssen dadurch weniger Lebensmittel entsorgen und somit bleibt weniger für die Tafeln.“

Zwischen dem Retten von Lebensmitteln und dem Versorgen bedürftiger Menschen sei es immer eine Gratwanderung, so Winter weiter. „Die Grundidee der Tafel war beides.“ Mittlerweile würden die Einrichtungen dringend gebraucht werden. „Ein Leben ohne Tafel ist für viele undenkbar“, weiß die Geschäftsführerin.
Kein Aufnahmestopp trotz Andrang
Inzwischen hätten viele Märkte Discount-Ecken. „Das war früher alles Tafelware“, sagt Thomas Murphy. Heute erreiche die Tafeln deutlich weniger.
Montag bis Freitag kommen jeweils 100 bis 120 Menschen zum Einkaufen in die Tafel. „Dahinter stehen teilweise Familien mit sechs bis acht Personen. Die Abgabe ist deshalb auf eine gewisse Menge pro Tag pro Person begrenzt.“ Per Los werde entschieden, wer wann einkaufen kann. Obwohl die Nachfrage groß ist, gebe es keinen Aufnahmestopp bei der Tafel. „Täglich gibt es Neuanträge.“ Das sei ein großer Aufwand. Schließlich müsse erklärt werden, dass es nur das zu kaufen gibt, was in den Regalen ist, dass die Tafel-Mitarbeiter auf die Auswahl keinen Einfluss hätten und auch nicht wüssten, was morgen verkauft werde.


PZ-Hilfsorganisation „Menschen in Not“: Jeder Cent kommt an
„Ebenfalls erklären müssen wir, dass die Ware oft schon über dem Mindesthaltbarkeitsdatum ist“, so Anleiterin Monika Lörcher weiter. Bis zu einer gewissen Überschreitung dürfe die Tafel noch verkaufen. „Wir prüfen aber alles auf einen guten Zustand.“
Bei den zwei Tafeln in Pforzheim helfen rund 20 Ehrenamtliche. Manche kämen einmal in der Woche, manche einmal im Monat. „Wir haben aber auch viele Ein-Euro-Jobber“, erklärt Sonja Winter. „Langzeitarbeitslose, die für zwölf Monate vom Jobcenter zugewiesen werden und eine Tagesstruktur bekommen sollen.“ Angestellt seien außerdem vier Fahrerinnen und Fahrer sowie die Anleiterinnen.
„Wir sprechen alle Kunden an. Wer begrüßt wird, kommt gerne. Gerade bei den Senioren ist das schön“, weiß Anleiterin Anke Laschet: „Das ist dann nicht einkaufen in der Tafel, sondern wie im Tante Emma Laden.“
{paging}
„Die Menschen sind auf unsere Läden angewiesen“
Noch immer ist der Ansturm groß auf die beiden tafelähnlichen Läden, die vom Sozialunternehmen Erlacher Höhe in Neuenbürg und Calmbach betrieben werden. „Obwohl die Inflation zurückgeht, sind Lebensmittelpreise immer noch sehr hoch und liegen über dem Inflationsdurchschnitt. Wir merken täglich, dass Menschen mit geringem Einkommen auf unsere beiden Läden angewiesen sind“, sagt Abteilungsleiter Andreas Reichstein.

Die Leute, die sich in den beiden Sozialkaufhäusern mit Lebensnotwendigem eindecken, kämen „querbeet aus der Gesellschaft – Alleinerziehende, Rentner, Geflüchtete“. Vor allem in Neuenbürg nehme die Zahl bedürftiger Rentner aus dem Stadtkern enorm zu, haben er und seine Mitarbeiter festgestellt. Das liege auch daran, dass es dort keinerlei Einkaufsmöglichkeiten mehr gebe. Wie gut, dass in dem Begegnungszentrum in der Ortsmitte auch ein Secondhandladen für Bekleidung und Haushaltswaren geöffnet hat.
Je nach Standort besuchen 20 bis 40 Prozent mehr Menschen die Sozialkaufhäuser der Erlacher Höhe als vor Corona. Als Beispiel nennt Reichstein Neuenbürg: Waren es 2020 rund 5300 Kunden im Jahr, kauften in diesem Jahr bereits 7000 Menschen ein.
„Deswegen ist es umso erfreulicher, dass wir auch im Jahr 2024 mit der Unterstützung von ‚Menschen in Not‘ Lebensmittel und zum Beispiel auch Hygieneartikel zukaufen können“, freut sich Reichstein.
{paging}
Elf Jahre Tafel in Remchingen – und das Kundenaufkommen wird immer größer
Am 19. November 2012 eröffnete die Diakoniestation Remchingen im ehemaligen Schlecker-Drogeriemarkt im Ortsteil Singen die Tafel Remchingen. Wer 2012 noch skeptisch auf die Gründung einer Tafel in der Gemeinde geblickt, die Notwendigkeit hinterfragt und in Zweifel gezogen hat, der wurde in den vergangenen elf Jahren eines Besseren belehrt. Die Tafel Pforzheim kam im Jahr 2015 an ihre Belastungsgrenzen.
So ist die Tafel Remchingen für die Menschen aus dem westlichen Enzkreis der einzige Laden dieser Art. Die Zahl der einkaufsberechtigten Haushalte stieg kontinuierlich an. Dank des enormen Einsatzes der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und großzügiger Spenden konnte die Tafel selbst über die Corona-Pandemie hinweg offengehalten werden. „Das war ein besonderes Geschenk für uns selber und vor allem für unsere Kunden“, erklärt Karl-Heinz Stengel, Vorsitzender der Remchinger Diakoniestation.

Kamen Anfang des Jahres 2022 noch 35 Haushalte je Öffnungstag zum Einkaufen, sind es seit Februar 2022 nahezu 70 Haushalte. Zu den Kundinnen zählen viele Alleinerziehende mit Kindern. Stand diese Woche sind 355 Erwachsene und 370 Kinder zum Einkaufen bei der Tafel Remchingen berechtigt. „Zahlen die aufrütteln und herausfordern“, so Stengel. Die Tafel Remchingen sei für unterstützungsbedürftige Menschen unentbehrlich. Dank der Spender wie „Menschen in Not“ sei immer ein breites Angebot an frischen und haltbaren Lebensmitteln vorrätig. „Ein großartiges Zeichen des Miteinanders und der Solidarität für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind“, weiß der Vorsitzende. Das mache dankbar, demütig und ermutige, diese für die Menschen wertvolle Arbeit gemeinsam mit den 45 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch 2024 fröhlich weiterzuführen.
{paging}
Menschen in Mühlacker profitieren
Seit Januar 2023 ist in der Mühlacker Tafel vieles anders. Denn seitdem stellt der Hilfsverein „Menschen in Not“ jeden Monat 5000 Euro zur Verfügung, um die Regale zu bestücken. „Nun sind unsere Auslagen wieder gut gefüllt“, sagt Dietmar Bäuchle, Leiter der Mühlacker Tafel. „Die Kunden freuen sich sehr.“
Irmgard Muthsam-Polimeni, Vorsitzende des Trägervereins erklärt: „Wir äußern unsere Wünsche, welche Waren wir gerne hätten und was fehlt. Tafel-Grundsatz ist, nichts zu kaufen.“ „Menschen in Not“ spendet die Ware. Denn laut Tafel-Grundsatz werden nur gespendete Waren weitergegeben.
Insgesamt kommen 210 Kunden zur Mühlacker Tafel. An drei Tagen pro Woche ist geöffnet und jeder Klient hat seinen zugeteilten Einkaufstag. „Jeder hat einen Ausweis der mit einem farbigen Punkt markiert ist. „So ist ersichtlich, an welchem Tag der Woche der Besitzer zum Einkaufen kommen kann“, erklärt Bäuchle.
Die Einkaufsmenge sei abhängig davon, wie viel Ware geliefert wurde. So gebe es Beschränkungen bei Waren oder manchmal auch nicht. „Wenn an einem Tag sehr viele Brötchen gespendet wurden, dann ist die Ausgabe unbeschränkt“, so der Leiter weiter.
In der Tafel arbeiten ausschließlich ehrenamtliche Helfer. 55 an der Zahl. Nur Hanife Barutcu und Dietmar Bäuchle in den Leitungsfunktionen sind auf der Gehaltsliste.
Ehe ein Verkaufstag um 14 Uhr starten könne seien zahlreiche Fahrten schon in den frühen Morgenstunden notwendig. Bis 16.15 Uhr seien die Türen geöffnet. „Es kommt auf die Anzahl der Kunden an. Manchmal haben wir auch bis 18 Uhr geöffnet.“
Die Ehrenamtlichen kennen die Kunden. „Viele kommen seit der Eröffnung 2006 zu uns.“ Man kennt sich. „Wer Sorgen hat, dem wird geholfen.“ Geschichten aus dem Leben der Kunden gehen nahe. „Eine ältere Frau zieht ihre Enkel auf, weil ihre Tochter bei der Geburt eines Kindes gestorben ist“, sagt Bäuchle. Selbst auf den Rollator angewiesen versorge die Seniorin ihre Enkel. „In solchen Situationen wissen alle, warum die Tafel so wichtig ist.“ Nachhaltigkeit ist wichtig.


Erste Mühlacker Vesperkirche: Eine warme Mahlzeit in der Gemeinschaft


Abermals auf dem Weihnachtsmarkt: PZ-Hütte bringt Bürger im Advent in Aktion

