
Neuhausen/Pforzheim. Juristisch ist nun ein Haken dran an dem Unfall, bei dem der Radaktivist Natenom am Abend des 30. Januar zwischen Neuhausen und Schellbronn getötet worden ist. Wie das Amtsgericht Pforzheim bestätigt, hat der Autofahrer, der den Radfahrer erfasst und tödlich verletzt hatte, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgezogen, den das Gericht Anfang Oktober gegen ihn erlassen hatte. Rechtskräftig ist damit die Geldstrafe über 150 Tagessätze und ein Fahrverbot über zwei Monate gegen den heute 78-Jährigen. Der Mann aus dem Biet ist damit vorbestraft.
Nach monatelangen Ermittlungen samt einem aufwendigen Unfallgutachten waren Staatsanwaltschaft und Gericht überzeugt, dass der Autofahrer den überregional bekannten Radfahrer am 30. Januar kurz vor 19.30 Uhr komplett übersehen hatte und mit zwischen 80 und 90 Stundenkilometern auf das Fahrrad aufgefahren war. Und das, obwohl Natenom sich vor dem Unfall nach den Erkenntnissen der Ermittler vorschriftsmäßig verhalten hatte. Sein Rad sei ausreichend beleuchtet gewesen. Er selbst trug eine Warnweste. Minutiös war der Unfall von dem Sachverständigen aufgearbeitet worden. Sicht- und Lichtverhältnisse und Wetterlage wurden dafür nachgestellt, Spuren und Verkehrssituation in Fotos dokumentiert, alles abgemessen. Oliver Weik, Direktor des Amtsgerichts Pforzheims, kann sich nicht vorstellen, dass sich die Erkenntnisse in einer Beweisaufnahme vor Gericht anders dargestellt hätten. „Die Fakten lagen auf dem Tisch“, sagt er über den Fall.


Nach Natenoms Unfalltod: Wird es eine Verhandlung gegen den beschuldigten Autofahrer geben?
Entschieden worden ist über diesen Unfall nach Aktenlage. Wann aber geht ein Fall vor Gericht? Hätte der Autofahrer seinen Einspruch aufrechterhalten, wäre verhandelt worden. Besonders knifflig wäre das für die Verteidigung gewesen, wenn sie Fehler im Gutachten hätte nachweisen oder die Untersuchung ganz kippen wollen. Für Letzteres hätte es ein Gegengutachten gebraucht. Auch ein Richter kann einen Strafbefehl nicht unterzeichnen, wenn er Fragen in einer Beweisaufnahme geklärt haben will. Ansonsten bestimmt eine Strafobergrenze, wann ein Gericht zum Strafbefehl greifen kann und wann nicht mehr. Die liegt laut Weik bei einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr ohne Bewährung. Erwartet die Anklage mehr, muss sie die Anklage so fassen, dass verhandelt werden muss. So war das Anfang des Jahres beim Prozess gegen den Autofahrer, dessen Überholmanöver am Neujahrstag 2023 an Neuenbürgs Ortsausgang einen 17-jährigen Motorradfahrer das Leben kostete. Das Amtsgericht verhängte damals eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Ohne Bewährung. Eine Berufung läuft.


Verstorbener „Natenom“ tüftelte mit: Sensor soll Sicherheit für Radfahrer erhöhen


Exakt zur Unfallzeit herrscht Stille: Aktivisten radeln für „Natenom“

