Spurensuche vor dem abgebrannten Haus, das in Remchingen-Singen als Flüchtlingsheim vorgesehen war. Die Polizei sucht nach Hinweisen auf Brandstiftung. Foto: Seibel

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Singen: Nach Brand in geplantem Asylheim Tatverdächtiger ermittelt
  • pol/tok

Remchingen-Singen. Ein 42-jähriger Mann aus dem Enzkreis sitzt wegen des Brandanschlags auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Remchingen-Singen in Untersuchungshaft. Er werde verdächtigt, im Juli absichtlich Feuer in dem früheren Vereinsheim gelegt zu haben, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag mitteilten. Er sei am Morgen in seiner Wohnung festgenommen und einem Haftrichter vorgeführt worden. Der Verdächtige kam in Untersuchungshaft.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli brannte die in einem leerstehenden Gebäude geplante Asylbewerberunterkunft im Remchinger Ortsteil Singen. Rund 20 Flüchtlinge sollten einmal hier einziehen. Als Brandbeschleuniger wurde Benzin benutzt.

„Die heutige Festnahme zeigt, dass die Polizei mit aller Konsequenz und Akribie gegen fremdenfeindliche Übergriffe vorgeht“, erklärte Innenminister Reinhold Gall (SPD). „Wir setzen damit ein deutliches Zeichen. Rechtsradikale Brandstifter und Hetzer müssen wissen: Es gibt keine rechtsfreien Räume in Baden-Württemberg.“ Trotzdem beobachte er die Zunahme von rechtsmotivierten Straftaten gegen Flüchtlingsheime mit Sorge.

„Das ist schon ein Ermittlungserfolg, dass wir einen dringend Tatverdächtigen haben“, sagte auch Sandra Bischoff, Leiterin der zuständigen Staatsanwaltschaft Pforzheim. Die Ermittlungen bei solchen Bränden seien schwierig, da oftmals Spuren im Feuer vernichtet werden. Vorsätzliche Brandstiftung sei ein schweres Verbrechen und werde mit ein bis zehn Jahren Haft bestraft. „Wir wollen deutlich zum Ausdruck bringen, dass es sich dabei um eine schwere Straftat handelt, gerade in der jetzigen politischen und gesellschaftlichen Situation“, sagte Bischoff. Deshalb sitze der Verdächtige nun auch wegen Fluchtgefahr in U-Haft.

„Man muss abwarten, ob er sich äußert und ob man noch Beweismittel findet“, sagte Bischoff. Zu seinen Motiven könne sie nichts sagen. Der 42-Jährige sei zuvor aber nicht „einschlägig in Erscheinung getreten“.

„Wir sind unglaublich erleichtert“, sagte der Remchinger Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon (CDU) auf den Haftbefehl. Potenzielle Täter würden abgeschreckt und weitere Brandstiftungen verhindert. Ob das abgebrannte Heim wieder aufgebaut oder die Ruine abgerissen wird, steht noch nicht fest. Derzeit plane das Landratsamt vielmehr eine größere Unterkunft für mehr als 300 Flüchtlinge auf einem Industriegelände, berichtete die Remchinger Hauptamtsleiterin Carmen Kramer: „Ein Schnellschuss macht keinen Sinn, wenn an anderer Stelle große Unterkünfte geplant sind.“

Mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen gibt es auch vermehrt Anschläge auf Asylbewerberheime und geplante Unterkünfte für Migranten im Südwesten. In Weissach im Tal (Rems-Murr-Kreis) wurde zum Beispiel im August ein Gebäude mit 20 Plätzen für Flüchtlinge fast völlig zerstört. Bei einem Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) im September wurde vermutlich Brandbeschleuniger eingesetzt. Laut Polizei liegt in beiden Fällen ein fremdenfeindliches Motiv nahe - verletzt wurde niemand. Von den Brandstiftern fehlt meist jede Spur.

„Seit Monaten kommen täglich hunderte von Menschen in unser Land, um hier Asyl zu suchen. Die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung dieser Menschen stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen“, sagte Minister Gall. „Trotz meines Verständnisses für Sorgen und Ängste vieler Bürgerinnen und Bürger verurteile ich dumpfe, fremdenfeindliche und rechtsradikale Parolen aufs schärfste. Vor allem die Zunahme von rechtsmotivierten Straftaten gegen Flüchtlingsheime in den vergangenen Monaten beobachte ich mit großer Sorge. Insbesondere Gewalttaten an solchen Unterkünften, wie etwa Brandstiftungen, sind verabscheuungswürdig und werden von den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg mit allen Mitteln des Rechtsstaates konsequent und mit langem Atem bekämpft.“

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