Pforzheim. Von dem Gedanken, dass einfach die Abrissbirne kommt und das Huchenfelder Stadtteilbad sowie das Emma-Jaeger-Bad dem Erdboden gleichmacht, musste sich spätestens in der Sitzung des Werkeausschusses des Gemeinderats am Montag im Großen Sitzungssaal des Rathauses auch der Letzte verabschieden. „Diese Baustellen sind eine komplexe Angelegenheit“, verteidigte Bäderchef Lutz Schwaigert das Vorgehen. Wie komplex, das skizzierte Svenja Schaneng, stellvertretende Projektleiterin bei der Firma Arcadis aus Stuttgart, die die Planungsmaßnahmen betreut. In beiden Fällen gelte es, die Gebäude zu entrümpeln, zu entkernen und Schadstoffe zu separieren, bevor der Bagger rollt. Hinzu kommt manch Unvorhergesehenes.
Der Rückbau in Huchenfeld:
Nachdem die Bausubstanz hier bis Juli auf Schadstoffe untersucht worden war, wurde die parallel verlaufende Abbruchplanung vor wenigen Tagen abgeschlossen. Mitte Oktober soll es in die Bieterphase gehen, vor Weihnachten eine Abbruchfirma beauftragt werden, die dann im Februar 2021 mit dem Rückbau beginnen und im Juni fertig sein soll.


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„Der Bagger wird in den Pfingstferien rollen, damit der Schulbetrieb nicht beeinträchtigt ist“, so Schaneng. Die Baustelle wird im Norden des Geländes eingerichtet, „um die Arbeiten vom Schulbetrieb zu entzerren“. Die Anfahrt der Baustellenfahrzeuge erfolge dann über die Industriestraße. Am Gebäude wurde eine ganze Reihe von Schadstoffen gefunden: asbesthaltige Stoffe in Verkleidung, Fliesenkleber und Dachabdichtung, alte Mineralwolle an Leitungsrohren und Lüftungskanälen, PCB-haltige Fugen an den Außenplatten sowie teerhaltige Baustoffe an Dichtungsringen. Laut Schaneng aber „nichts Ungewöhnliches“.


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In Sachen Artenschutz gelte es, Vögel, die sich in Astlöchern und Fledermäuse, die sich am Gebäude einnisten, zu beachten. Die statische Untersuchung läuft noch, hier muss auf die angrenzende Sporthalle besonders Rücksicht genommen werden. Wie berichtet, findet schon am Dienstag ein Koordinierungsgespräch in Stuttgart statt. Für die Generalplanerleistung des Neubaus hat sich laut Schwaigert eine Vielzahl an Büros beworben. Hier laufe das Auswahlverfahren.
Der Rückbau des Emma-Jaeger-Bads:
Komplexer sieht es beim Emma-Jaeger-Bad aus. Die Gründe: Die Innenstadt-Lage macht die Baustellenlogistik schwieriger, im Gebäude befindet sich eine Quelle, die verschlossen werden muss, zudem braucht es einen Verbau, damit das Grundwasser nicht in die Baustelle eindringt. Und dann hat Sturmtief Sabine laut Schwaigert auch noch erhebliche Schäden am unmittelbar angrenzenden EMMA-Kreativzentrum verursacht. Nicht nur das Dach wurde in Mitleidenschaft gezogen, auch von der Außenfassade haben sich Teile gelöst. Hinzu kommt eine Rissbildung am Turm.

„Da dürfen beim Rückbau die Erschütterungen keine noch größeren Schäden anrichten“, so Schwaigert. Der Rückbau soll im Anschluss an jenen in Huchenfeld im Juli beginnen und bis Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein. Zunächst soll laut Schaneng das Restaurant abgerissen werden, um dort Lagerfläche für das Abbruchmaterial zu haben. Es folgt die Außenanlage, bevor dann Sauna, Beckenhalle, Umkleiden und schließlich Technik- und Verwaltungstrakt folgen. Die Abbruchplanung läuft aktuell noch. Auch hier soll die Zufahrt von Norden her erfolgen. Und auch hier wurden asbesthaltige Stoffe und Mineralwolle gefunden. Deutlich mehr als in Huchenfeld befindet sich Teerhaltiges am Gebäude, etwa bei der Dachabdichtung und der Dachdämmung. Vorlaufende Maßnahmen wie das Fällen einiger Bäume sollen im Winter erfolgen.
Emre Nazlis (Grüne Liste) Kritik, weshalb man nicht früher nach Altlasten gesucht habe, entgegnete Schwaigert: „Wir machen so schnell, wie’s geht.“ Für den Neubau haben sich „renommierte Büros“ beworben, vergeben werden soll noch in diesem Monat.

Aus dem Ratssaal des Werkeausschusses:
Bezahlsystem: Eine erneute Diskussion entfachte das Ticket-Bezahlsystem beim Wartbergbad. Während Oana Krichbaum (CDU)die Onlinebezahlung als gute Lösung empfand, monierte Hans-Ulrich Rülke (FDP), dass durch den Ausschluss einer Barbezahlung vor Ort der Zugang nicht barrierefrei sei.
„Schlange stehen kennen wir doch aktuell auch aus anderen Bereichen“, ließ Emre Nazli (Grüne Liste) dieses Argument nicht gelten. Bäderdezernent Dirk Büscher sagte zu, die Situation kommendes Jahr neu zu prüfen. Mit großer Mehrheit stimmte der Rat am Ende für die nachträgliche Übertragung der Kassengeschäfte des EPVB für die Online-Tickets auf die Frankfurter Firma BS PayOne.


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Zahlen: Die Freibäder verzeichneten dieses Jahr von Mai bis September 39.414 Besucher, 2019 waren es 135.341.
Wirtschaftslage: Der EPVB geht davon aus, dass die Hochrechnung stark vom Wirtschaftsplan abweichen wird. Sollte die Ausschüttung der SWP erneut nicht zur Verfügung stehen, bräuchte es laut Büscher städtische Mittel.
Ausgleich: Weil der Wärmelieferungsvertrag fürs Emma-Jaeger-Bad mit den SWP vorzeitig beendet wurde, bewilligte der Ausschuss einhellig den Ausgleich von rund 360 000 Euro.
Investor: Im Lenkungskreis will Büscher einen Fragenkatalog für mögliche Wartbergbad-Investoren erörtern. Er machte aber zugleich deutlich: „Für den Bau eines 365-Tage-Bads werden die Rahmenbedingungen nicht haltbar sein.

