
- Silke Fux
Pforzheim. Die Auswärtige Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe unter Vorsitz von Richter Andreas Heidrich hat im langwierigen Shisha-Bar-Prozess alle vier Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Für sechs Jahre muss der Rädelsführer, ein 42-jähriger Algerier, wegen gemeinschaftlicher Geiselnahme samt gemeinschaftlicher Körperverletzung hinter Gitter. Sein 39-jähriger Landsmann, der im Gegensatz zu seinen Kumpanen strafrechtlich eine weiße Weste hatte, rückt für vier Jahre ein.


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Auch die beiden irakischen Shisha-Bar-Betreiber und Brüder wandern für zwei Jahre und sechs Monate sowie für zwei Jahre und zwei Monate hinter Gitter. Denn sie hatten den beiden Studenten im April 2018 nicht nur keine Hilfe geleistet, sondern sie wurden auch wegen Beihilfe verurteilt.
Szenen wie aus einem Action-Krimi
Was sich damals im Hinterzimmer jener Pforzheimer Shisha-Bar abspielte, klingt wie blanker Horror, den zwei junge Männer mit ausländischen Wurzeln durchlitten. Zunächst wurde ein heute 22-Jähriger mit Schlägen traktiert, mit dem Messer bedroht, ihm die Trennung von seiner Familie und die Verschleppung nach Frankreich angedroht, wenn er nicht sage, wer einen der Täter angefahren habe. Nicht nur dieser schlug laut Zeugen immer wieder zu und bedrohte die Opfer, sondern auch ein weiterer Algerier.
Zwei irakische Brüder, deren Familie die Bar gehört, leisteten keine Hilfe, sondern einer von ihnen führte die Opfer in den Abstellraum, dessen Tür mit zwei Paletten Getränkedosen zugestellt worden war. Über das Handy des ersten Opfers wurden die Algerier auf ihr zweites aufmerksam.


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Zu den beschriebenen Qualen und Schikanen kam für den heute 21-Jährigen hinzu, dass die Täter ihm die Hose aufschnitten, mit Füßen aufs Gesicht standen sowie seinen nackten Unterkörper und sein Gesicht filmten. Dem Studenten wurde damit gedroht, den Film ins Internet zu stellen. Durch diese grausame Aktion hofften die Täter angeblich, die Namen von Personen zu erfahren, die den Haupttäter angefahren hätten.
Verteidigung plädiert auf Freispruch
Das Gericht schenkte am Mittwoch der Aussage des 42-jährigen Algeriers keinen Glauben, dass dieser die Studenten über einen Monat oberviert habe, weil sie gedealt und er mit der Gewaltaktion den Kontakt zu seiner Stieftochter unterbinden wollte. Dieses Motiv spielte beim Urteil ebenso wenig eine Rolle wie die vom verurteilten Haupttäter eingereichten Videosequenzen und Audioaufnahmen.
Sehr unterschiedlich fielen die Plädoyers des Staatsanwalts Florian Henke, der je mehrjährige Haftstrafen forderte, und der vier Verteidiger aus, die von Freispruch bis zu fünf Jahren und fünf Monaten Haft reichten. Teils kündigten diese Revision an.


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Im Fall der Messerstecherei, die an den Prozess gekoppelt war, gab es keine Verurteilung. Bei der Haft werden Härtefallregelungen wegen der langen Zeit zwischen Tat und Prozess berücksichtigt.


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