Verbraucher verunsichert: Fleisch kranker Tiere verzehrt?

Seibel
Region
Fleisch kranker Tiere in den Handel gebracht?

Birkenfeld. Für Verunsicherung bei den Verbrauchern in der Region hat ein Beitrag des mdr-Magazins „Exakt“ gesorgt. Darin hieß es, kranke Rinder seien geschlachtet und ihr Fleisch in den Handel gebracht worden – und zwar bei der Birkenfelder Firma Müller Fleisch.

Aber die Firma und Enzkreis-Umweltdezernent Karl-Heinz Zeller winken ab: Es sei alles korrekt gelaufen, heißt es. Kein Grund zur Sorge für den Kunden.

Aber der Reihe nach: In dem mdr-Bericht ging es um einen Bauern im sächsischen Vogtlandkreis. In seiner 100-köpfigen Rinderherde sollen zahlreiche Tiere am sogenannten chronischen Botulismus erkrankt sein. Botulismus ist eine Vergiftung, die durch ein Bakterium verursacht wird. Zu den Symptomen zählen laut Wikipedia fortschreitende Abmagerung, Klauen- und Gelenkerkrankungen, Koordinationsstörungen, Lähmungen und Bewusstseinstrübungen.

Laut Fernsehbericht soll die Herde trotzdem verkauft worden sein – das Fleisch sei auf dem Teller der Verbraucher gelandet. Dem widerspricht Amtstierarzt Dr. Hans-Georg Möckel vom Veterinäramt des Vogtlandkreises. 40 Tiere dieser Herde seien untersucht worden. Ergebnis: Sie seien gesund gewesen. Bei rund 20 Tieren, die auffällige Symptome aufwiesen, habe man die Tötung empfohlen – und das sei auch so passiert. Die restlichen Tiere hätten keine Symptome aufgewiesen, seien aber nicht genauer untersucht worden.

Nur der unauffällige Bestand sei bei Müller Fleisch gelandet, betont der Veterinärmediziner. Das bestätigt Frank Kimmer, Pressesprecher bei Müller Fleisch. Die Tiere seien wie üblich mit einer Standarderklärung geliefert worden, die jeder Anlieferer brauche. Darin erkläre der Besitzer, dass die Tiere einwandfrei sind. Auch bei der Beschau der lebenden Tiere durch den Amtstierarzt seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden – die Untersuchung der toten Körper nach der Schlachtung sei ebenfalls unauffällig verlaufen. „Wäre etwas nicht korrekt gewesen, hätten die Behörden bereits im Vogtlandkreis eingreifen müssen“, so Kimmer. Bei Müller Fleisch sei alles nach Vorschrift gelaufen, betont er. „Wir gehen davon aus, dass die Tiere gesund waren.“

Das betont auch Umweltdezernent Karl-Heinz Zeller vom Landratsamt des Enzkreises in einer Stellungnahme, die er auf Anfrage des Senders abgab. In der Standarderklärung habe der Herkunftsbetrieb mitgeteilt, dass keine Anzeichen für das Auftreten von Krankheiten vorlägen, die die Sicherheit des Fleisches beeinträchtigen könnten. Zeller: „Sollten sich diese Erklärungen im Nachhinein als unrichtig erweisen, wären rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen des Herkunftsbetriebs zu prüfen.“

Unabhängig davon seien die Rinder hier vom Amtstierarzt überprüft worden, so Zeller. Ergebnis: „Dabei wurden keine klinischen Auffälligkeiten festgestellt, aufgrund derer ein Schlachtverbot erteilt oder das Fleisch als genussuntauglich beurteilt werden musste.“ Man gehe davon aus, dass von dem Fleisch „zu keinem Zeitpunkt“ eine Gefährdung von Verbrauchern ausgegangen sei, so Zeller abschließend. Also alles korrekt gelaufen, kein Grund zur Sorge?

Ganz so einfach ist die Sache beim chronischen Botulismus nicht. Denn bei Tiermedizinern ist umstritten, ob es diese Krankheit überhaupt gibt – im Gegensatz zur akuten Variante. Demzufolge gilt die Krankheit nicht als anerkannte Tierseuche – womit auch der Schadensersatz für den Landwirt nicht geregelt ist. Im Juli antwortete die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen: „Ob Rinder, die aus Betrieben stammen, in denen „chronischer“ Botulismus vermutet wird, einem Schlachtverbot unterliegen oder nicht, hängt daher davon ab, ob die Tiere eine klinische Symptomatik aufweisen. Bei Tieren ohne klinische Symptomatik besteht kein Schlachtverbot.“