
Pforzheimer Anti-Graffiti-Mobil wird zum Vorbild für Projekt im österreichischen Graz
Pforzheim. Das Pforzheimer Anti-Graffiti-Mobil könnte zu einem internationalen Vorbild werden. Vertreter der österreichischen Stadt Graz zeigten sich begeistert von dem bundesweit bekannten Projekt, das die Projektpartner des Anti-Graffiti-Mobils (AGM) auf Einladung der Koordinationsstelle "City of Design" der Stadtverwaltung Graz in der Landeshauptstadt der Steiermark vorstellten.
Pforzheimer Erfolgsmodell wird nun auch in Graz realisiert
Dort war man bei Recherchen auf das Pforzheimer Erfolgsprojekt aufmerksam geworden. Michael Weiß, Leiter des Kriminalkommissariats Pforzheim, Volker Weingardt, Haus des Jugendrechts, Malermeister Stefan Wendlinger sowie Heike Kuppinger vom Bürgerverein Nordstadt trafen in Graz auf hochrangige Vertreter von Polizei, Staatsanwaltschaft, Stadtverwaltung und sozialer Einrichtungen, die sich durch eine Präsentation und in einer Gesprächsrunde einen ersten Eindruck von dem seit 2003 bestehenden Anti-Graffiti-Mobil verschafften. Bei einer praktischen Vorführung demonstrierten die Projektpartner in der Grazer Innenstadt an konkreten Beispielen die Möglichkeiten zur Beseitigung illegaler Graffiti.
Die Vertreter aus Graz waren so begeistert vom bürgernahen Engagement aller Beteiligter, insbesondere den ehrenamtlichen Malern der Malerinnung Pforzheim/ Enzkreis/ Neuenbürg, dass die Stadt die Umsetzung eines solchen Projekts in ähnlicher Weise bereits für den November 2020 plant. Für den Sommer 2021 haben sich Vertreter der Stadt Graz für einen Besuch in Pforzheim angekündigt.
Stadtrat Sarow sorgt für Verwirrung und Unmut
Das ist natürlich Balsam für die Seelen der Pforzheimer Befürworter des Anti-Graffiti-Mobils, die vor rund fünf Monaten von CDU-Stadtrat Andreas Sarow aufgeschreckt wurden, als der sich vehement für legale Graffiti im öffentlichen Raum stark gemacht und in Sozialen Medien das mutmaßliche vorläufige Aus des AGM verkündet hatte. Stadträte von WiP/Die Linke unterstützten damals in einer Pressemeldung Sarows Forderung nach legaler Graffiti-Kunst, verweisen jedoch auf einen eigenen Antrag vom März 2018 mit demselben Inhalt. Teil dessen sei gewesen, dass alle Akteure - wie Polizei, Anti-Graffiti-Mobil oder das Haus des Jugendrechts - in einen Dialog darüber eingebunden werden.
Aus der eigenen Partei kam dann ein klares Statement gegen Sarow und für das Erfolgsprojekt, das jetzt in Graz kopiert werden soll. „Der CDU-Kreisverband steht klar zur Zukunft des AGM“, so der Vorsitzende Gunther Krichbaum in einer Pressemitteilung im Mai diesen Jahres. Es gebe „keinerlei Grund, an der Sinnhaftigkeit dieses bürgerschaftlichen Projekts zu zweifeln“. Dem beherzten Einsatz der AGM-Kräfte sei es zu verdanken, dass Graffiti weitgehend aus Pforzheims Straßenraum verbannt werden konnten.
Heftiger wurde der Gegenwind für die AGM-Zweifler dann im Juli, als Sarow in den Sozialen Medien zu einem Foto von Polizeihauptkommissar Weingardt mit sichergestelltem Deko-Sturmgewehr und Pistole aus dem Jahr 2007 schrieb, dass Gegner von „Kunst im öffentlichen Raum“, in dem Fall also von Graffiti, „bei der Polizei nichts verloren“ haben. Jugendgemeinderat Adrian Lind erklärte damals: „Als wäre es nicht schlimm genug, dass Stadtrat Andreas Sarow durch seinen verunglimpfenden Umgang den Stopp des erfolgreichen Anti-Graffiti-Mobils verursacht hat, überschreitet er mit einem Post auf seiner Instagramseite eine rote Linie.“ Als „anstands- und niveaulos“ bezeichnete im Juli die FDP/FW/UB/LED-Fraktion die Angriffe von CDU-Stadtrat Andreas Sarow auf einen der Hauptrepräsentanten des Anti-Graffiti-Mobils. FDP-Stadtrat Janis Wiskandt sprach von einem „infantilen Post“.
Anti-Graffiti-Mobil mit dickem Auftragsbuch
Wie fest verankert und gefragt die Arbeit des Anti-Graffiti-Mobils in der Bevölkerung ist, konnte Weingardt Mitte Mai auflisten. Da lagen rund 100 Anfragen für Reinigungsaktionen vor, was insgesamt einer Fläche von 345 Quadratmetern entsprach. Der AGM-Motor vom Haus des Jugendrechts schätzte damals die Wiedergutmachung dieser Schäden auf einen Wert von insgesamt rund 10.000 Euro. Aktuell liegen noch rund 20 Anträge auf Halde.
Von Ende Juli bis jetzt gab es drei Putzaktionen, die wegen der Corona-Pandemie nun allerdings erst einmal neu geplant werden müssen. In Zusammenarbeit mit dem Bürgerverein Nordstadt und den Technischen Diensten der Stadt Pforzheim lag am 29. Juli der Schwerpunkt des Anti-Graffiti-Mobils in der Oststadt, wo insgesamt rund 50 Graffiti auf einer Gesamtfläche von etwa 40 Quadratmetern beseitigt werden konnten. Unter anderem wurden mehrere Sandsteinmauern und Klinkerwände fachgerecht gereinigt und an mehreren Hauswänden Graffiti überstrichen.
Ertappte Sprayer und geschädigte Immobilienbesitzer profitieren gemeinsam
Dabei maßgeblich beteiligt waren zwei jugendliche Sprayer, die im Rahmen dieser Aktion ihre eigenen, illegalen Graffiti entfernten. Den Jugendlichen konnten durch diese Maßnahme Schadensersatzforderungen in Höhe von 3000 Euro erspart bleiben, die diese ansonsten an die Eigentümer hätten bezahlen müssen. Außerdem zeigten sich zwei weitere Jugendliche solidarisch und halfen freiwillig mit.