Hofft und bangt: Die frühere Oberbürgermeisterin von Pforzheim, Christel Augenstein (FDP).
Pforzheim
Derivate-Prozess vor Urteil: Zwischen Haftstrafe und Freispruch
  • Andreas Fiegel

Pforzheim/Mannheim. Mit Hoffen und Bangen dürften Pforzheims ehemalige Oberbürgermeisterin Christel Augenstein (68) und ihre einstige Stadtkämmerin Susanne Weishaar (53) dem kommenden Dienstag entgegen sehen.

Am 18. Verhandlungstag im Derivate-Prozess will die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim ihr mit Spannung erwartetes Urteil über die beiden Frauen fällen, denen die Staatsanwaltschaft nach wie vor Untreue vorwirft und Haftstrafen beantragt hat. Die Verteidigung hingegen widerspricht den Anklägern auf ganzer Linie und plädiert auf Freispruch für ihre Mandantinnen. Die Vorhaltungen von Oberstaatsanwalt Uwe Sigrist und Staatsanwalt Nikolaus Hollinger wiegen schwer. Ihnen zufolge haben sich Augenstein und Weishaar bei den Derivate-Deals verhalten wie Spielerinnen im Casino – und sich letztlich verzockt.

Die beiden Juristen zeigen sich in ihren Plädoyers Ende Oktober jedenfalls überzeugt davon, dass die beiden Frauen ihre Pflichten gegenüber der Stadt auf eklatante Weise verletzt, Warnungen vor den riskanten Zinswetten in den Wind geschlagen und der Kommune durch ihr Agieren Schaden zugefügt haben. „Beide Angeklagten haben versagt“, bringt es Sigrist auf den Punkt. Die Staatsanwälte sehen nach der Beweisaufnahme den Vorwurf der Untreue als erhärtet an und fordern für Augenstein eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, für Weishaar zweieinhalb Jahre.

Ein Strafmaß, das nicht mehr zur Bewährung ausgesetzte werden kann. Ganz anders die Verteidigung. Sie plädiert anderthalb Wochen später für ihre Mandantinnen auf Freispruch. Weder hätte Weishaar als Kämmerin ihre Befugnisse missbraucht noch gegen das kommunale Spekulationsverbot verstoßen, argumentieren ihre Anwälte Eddo Compart und Jennifer Schumacher. Geradezu absurd sei es, so Augensteins Anwalt Wolfgang Kubicki, seiner Mandantin zu unterstellen, sie habe bewusst eine Schädigung der Stadt in Kauf genommen. Sowohl der Oberbürgermeisterin als auch ihrer Kämmerin sei es einzig und allein darum gegangen, mittels Derivategeschäften die Zinsbelastungen der Stadt zu reduzieren und damit zum Wohle Pforzheims zu handeln.

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