
Pforzheim. In einer mehrstündigen Sitzung hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke Pforzheim (SWP) am Montagabend die Affäre um den massiven Gewinneinbruch im vergangenen Jahr aufgearbeitet und die Ergebnisse der externen Prüfung durch Ernst & Young diskutiert.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kam laut einer Pressemitteilung der SWP zu dem Schluss, dass die sofortige Abberufung der früheren Geschäftsführer Roger Heidt und Thomas Engelhard im Januar gerechtfertigt war. „Für uns ist die Vergangenheitsbewältigung damit beendet“, so ein Aufsichtsratsmitglied. Anlass der Untersuchung war für den Aufsichtsrat und Gesellschafter ein unerwarteter Verlust des Unternehmens innerhalb des Geschäftsbereiches Stromvertrieb, der zu einem deutlichen Rückgang des operativen Jahresergebnisses des Geschäftsjahres 2018 geführt hatte.
Ergebnisbericht: Verluste zu spät öffentlich gemacht
Heidt und Engelhard wurde vorgeworfen, dass sie die Millionenverluste der Stadtwerke in der Sparte Telesales, bei der Kunden über Telefonmarketing gewonnen werden, lange Zeit vertuscht hatten. Die Planabweichung sei schon deutlich vor dem von der ehemaligen Geschäftsführung mitgeteilten Datum bekannt gewesen. So konnte durch den Ergebnisbericht belegt werden, dass bereits spätestens ab März 2018 unternehmensintern die negativen Ergebniseffekte im Stromvertrieb diskutiert wurden. Erst im Dezember vergangenen Jahres jedoch hatte SWP-Geschäftsführer Heidt die Verluste öffentlich gemacht, woraufhin der Aufsichtsrat eine Gewinnausschüttung an die Stadt Pforzheim und die Mitgesellschafterin Thüga AG aussetzte. Der Stadt Pforzheim fehlt die anvisierte SWP-Rendite in Höhe von 6,5 Millionen Euro im Doppelhaushalt 2019/2020.
Vertragsverlängerung von Herbert Marquard
Außerdem stimmte der Aufsichtsrat am Montag einer vorzeitigen Vertragsverlängerung von Herbert Marquard zu. Der Geschäftsführer, der erst Ende Januar im Zuge der SWP-Affäre eingesetzt wurde, leitet nun bis zum 31. Dezember 2022 die Geschicke des Energieversorgers. Ursprünglich sollte Marquard als Übergangslösung nur bis zum 31. Januar 2020 tätig sein. Im PZ-Interview hatte der 64-Jährige nach seiner Ernennung erklärt, dass er keine Baustelle verlassen wolle. Offenbar sind die Baustellen nach den Hinterlassenschaften von Heidt und Engelhard so groß, dass für ihn und den Aufsichtsrat ein längeres Engagement unausweichlich schien.
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